Haus des Geistes
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ProSophia Ausgabe 02. September 2004


Inhalt

In  eigener Sache
Seite 1
Zur Kultivierung der Seelenimpulse
Seminarbericht: Naturbetrachtung 2004 - Undinenlastige Rekordteilnahme
Seite 5
Was die Seele bewegt - Leserbeiträge: Moralität
Seite 9
Außersinnliches: Gesichter
Seite 17
Engel heute - Was tut der Engel in unserem Astralleib?
Seite 19
Terminkorrektur: Seminar „Essen & Denken“
Seite 19
Die Denkschule -Kursprogramm2005
Seite 23
Veranstaltungen
Seite 24
Impressum
Seite 24

Liebe Freunde,
zunächst bin ich sehr froh, dank der tatkräftigen Hilfe von Ulrike Nadler und Archibald Kleinau die ProSophia auf den Weg gebracht zu haben. Das Echo war eindeutig positiv. Es wurde von vielen Seiten das Vorhaben ausdrücklich begrüßt, ein Medium der echten Kommunikation zu schaffen. Hoffen wir also, daß wir es nun auch wirklich schaffen, ein solches zu werden. Denn wie nicht anders zu erwarten, haben doch viele, die sich grundsätzlich interessieren, eine ziemliche Hochachtung davor, sich schriftlich zu beteiligen.
Erfreulicher Weise haben wir einige schöne Beiträge bekommen, von denen zwei im Folgenden zu lesen sind. Doch die Beteiligung durch die Leser müßte sich schon noch erheblich ausweiten. Natürlich muß sich die Sache erst einspielen. Selbstverständlich hat man nicht sofort druckreife Manuskripte zur Hand.
Und abgesehen davon, habe ich ausreichend vorbereitetes Material aus der eigenen Forschung, welches sozusagen auf seine Veröffentlichung wartet. Sodaß ein Erscheinen der Zeitschrift nicht gefährdet ist. Aber wie schon in der ersten Ausgabe dargestellt, soll die ProSophia kein Einweg-Medium sein, sondern es soll ein wirkliches Gespräch, eine Kommunikation, zwischen den Lesern entstehen und zwar verbunden mit der Kultivierung der Seelenimpulse. Gemeint ist also nicht irgendeine Kommunikation, ein Klönen oder Tratschen oder Fachsimpeln, sondern der Versuch, die eigenen Seelenimpulse zu entwickeln, zu pflegen, zu kultivieren. Hervorgegangen ist der Impuls zu diesem Vorhaben aus der Einsicht, daß es nicht ausreicht, geisteswissenschaftliche Inhalte bloß zu veröffentlichen. Man kann noch so gute und wahre Bücher oder Artikel mit allerlei Steiner-Zitaten schreiben, das allein wird noch nicht die so dringend notwendigen heilsamen Impulse in die Menschheitsentwicklung bringen können. Anthroposophie muß nicht nur verstanden und innerlich bewegt, d. h. meditiert werden, sondern auch im sozialen Austausch eine Rolle spielen. „Wie lebt der anthroposophische Gedanke im anderen Menschen?" und „Wie ist dieser andere Mensch?", das sind zentrale Fragen jener erforderlichen Gesinnung, die Rudolf Steiner „soziales Interesse" nennt. Es geht also wirklich um mehr, als nur die Welt mit seiner eigenen unmaßgeblichen Meinung zu beglücken. Denn wenn tatsächlich eine solche Kommunikation entsteht, wenn also verschiedene Menschen über geisteswissenschaftliche Dinge nachdenken und dabei an andere denken, mit denen sie sich austauschen über diese Inhalte, dann verstärkt sich die Wirkungsmöglichkeit der geistigen Welt in der Menschenwelt erheblich. Wenn jemand ein Steiner-Buch liest, ist das gewiß eine gute Sache. Wenn er es auch noch weitgehend versteht, ist das eine bessere Sache. Wenn er dann noch das, was er verstanden hat meditiert - oder anders gesagt - wenn er sein Weltverstehen durch intensives Denken, durch gedankliches Versenken, der geistigen Welt zur Korrektur und Ergänzung vorlegt, dann ist das schon eine sehr gute Sache. Wenn er aber außerdem noch über seine aus dem Buch gewonnenen Erkenntnisse oder Fragen mit anderen Menschen kommuniziert, ist das eine noch viel bessere Sache. Und wenn er dann nicht nur mit einem oder zwei Menschen, sondern mit vielleicht fünfhundert Menschen kommunizierte - wie dies bei der ProSophia der Fall sein könnte - dann wäre das schon eine sehr, sehr gute Sache. Bei unserem Naturbetrachtungsseminar, über welches wir in dieser Ausgabe ausführlich berichten, war es wieder deutlich zu spüren: Fast überall, wo wir zusammenkamen, verdichtete sich die Atmosphäre. Etwas wirkt mit, wenn viele zusammenschwingen. Helfet also mit, liebe Freunde, auf daß wir durch die ProSophia zusammenschwingen.
Das schriftliche Arbeiten an den eigenen Seelenimpulsen hat viele positive Wirkungen, die aber oftmals unbeachtet bleiben. Versucht man, die Regungen einmal aufzuschreiben, so muß man die Gedanken zunächst einmal klar fassen. Man muß sich entscheiden. Man kleidet die Gedanken in Worte und weitet so seinen Wirkensbereich vom Reich der Engel auf das der Erzengel aus. Denn mit unserem Denken - und besonders, wenn wir geisteswissenschaftliche Inhalte zu denken versuchen - sind wir kräftemäßig mit den Engeln verbunden. In der Sprache liegt die Kraft der Erzengel und in den Taten erreicht der Mensch das Gebiet der Archai. (Weiteres zu diesem Thema unter der Rubrik „Engel heute" in dieser Ausgabe.) Aus dem dort behandelten Vortrag Steiners geht hervor, daß das Verhältnis des Menschen zur dritten Hierarchie individuell ganz verschieden geartet sein kann und daß es in der heutigen Zeit des Materialismus denkbar schlecht um diese doch so notwendige Verbindung steht. Angewendet auf das hier propagierte schriftliche Arbeiten an den eigenen Seelenimpulsen unter Zuhilfenahme der geisteswissenschaftlichen Erkenntnisse der Anthroposophie bedeutet das aber: Die vorgeschlagene Vorgehensweise verbessert die Verbindung des Menschen zur dritten Hierarchie entscheidend. Man suche daher, die eigenen Unsicherheiten und Unzulänglichkeiten zu überwinden. Wir werden schon aus den Beiträgen etwas Les- und Verstehbares machen, sofern der Inhalt nach unserer Meinung für die Leser interessant ist. Wie schon erwähnt, sind wir auch gern bereit, die Beiträge ohne Nennung des Namens abzudrucken, wenn der Autor dies wünscht. Wir werden die zu den Beiträgen eingehenden Zuschriften dann an die Autoren weiterleiten, damit diese selber entscheiden können, ob sie die Verbindung aufnehmen oder nicht.
Kommen wir aber nach diesem praktischen Einschub auf unser eigentliches Thema zurück. Da gilt es auch noch das Folgende zu berücksichtigen:
Die Aufgabe der Menschen Mitteleuropas besteht nach meinem Anthroposophie-Ver- ständnis darin, daß jeder einzelne zunächst den Mut aufbringt, seine Individualität voll zur Entwicklung zu bringen, voll zu erschließen - mit anthroposophischen Worten gesagt: Es geht um die Entwicklung der Bewußtseinsseele. Das heißt aber nichts anderes, als sich selbst in all seinen Eigenarten und Möglichkeiten zu erforschen und sozial zur Geltung zu bringen. Aus dieser zu gewinnenden Selbständigkeit heraus müßte dann wiederum die Gemeinschaft gesucht werden, die freie Assoziation, die Wahlverwandtschaft anstelle von Abhängigkeitsverhältnissen. Gemeinschaften aus Individuen, freie Zusammenschlüsse von Erkenntnis- suchenden Menschen, das könnten die Keime einer verträglichen Menschenzukunft sein. Um an solchen Zielen arbeiten zu können, wurde die ProSophia ins Leben gerufen. Denn was heißt es, seine Individualität voll zu erschließen und sozial zur Geltung zu bringen? Nun, ich meine, daß dies bedeuten würde, daß jeder sich anstrengt, Selbsterkenntnis zu treiben, daß er schaut, wer er ist, wie er ist, was ihn bewegt, was er kann und aber auch, was er nicht kann, wessen er bedürftig ist. Würden wir nur den Mut haben, dies vorurteilsfrei umzusetzen, dann wäre schon viel gewonnen. Wissen wir genau, was wir den anderen geben können und was wir von ihnen nehmen wollen, dann können wir schon ganz anders an die anderen Menschen herantreten. Hätten wir dann auch noch den Mut, unsere Erkenntnisse über uns selbst den Menschen in unserer Umgebung zugänglich zu machen - freilich ohne sie ihnen aufzudrängen -, dann könnten wiederum die anderen ganz anders mit uns umgehen. Würden wir unsere Hauptaufgabe darin erkennen, uns selbst genauestens zu erforschen, um unser individuelles Sein wirklich offen für die anderen Menschen darzuleben, so würde sich eine völlig neue Sozialstruktur ergeben. Würden wir uns selbst und vor allem die Mitmenschen nicht über unsere eigene Natur, unsere Talente und Bedürfnisse täuschen wollen, würden wir nicht stets das Unangenehme zu umgehen, zu verdrängen, zu vertuschen suchen, dann könnten wir uns auch viel fruchtbarer in andere Menschen einfühlen und bemerken, was diese geben können und nehmen wollen. Denn das ist die soziale Frage: Was kann ich geben? - und was möchte oder muß ich nehmen? Wie gliedere ich mich zwischen die anderen Menschen? Gebe ich meine Schwächen zu, lege ich sie offen jedem hin, so kann mir viel besser geholfen werden. Gebe ich ebenso offen meine Stärken, meine Talente bekannt, stehe ich zu diesen, dann können mir die anderen Aufgaben geben, dann finde ich meinen Platz in der Gemeinschaft. Würden wir nur ehrliches Interesse an der Wahrheit über uns selbst und die anderen aufbringen, so ergäbe sich eine neue Welt. Die genaue Kenntnis der eigenen Fähigkeiten und Bedürfnisse ist aber schwer zu erringen. Allein die zutreffenden Begriffe zum Erfassen eines Menschen, wie sie die anthroposophische Menschenkunde enthält, sind schwer zu erarbeiten. Obwohl das meiste auf der Hand liegt, ist man durch die heute übliche Bildung völlig desorientiert, man begreift einfach nicht, was ein Mensch ist, was er soll und will und wie er in der Welt drinnen steht. Was ist eine Welt? Man kann es mit den Mitteln unserer Kultur nicht erfassen. Das dies so ist, kann wiederum nicht „Zufall" oder „Pech" genannt werden, sondern dies folgt schon einem Plan, der eben gerade verhindern wollte und will, daß freie und individuelle Menschen - wie sie der Christus „geplant" hat - entstehen, denn diese wären unregierbar. Die könnte man nicht für seine Ziele einspannen, wie dies von gewissen Kreisen gewollt und umgesetzt wird. Deshalb hat man uns in diese „wissenschaftliche Gefangenschaft" geführt, aus der heraus der Mensch und das Leben nicht zu begreifen sind. Denn wenn man die Welt und den Menschen nicht begreift, dann kann man auch nicht beurteilen, was richtig und was falsch gestaltet oder eingerichtet ist. Man kann eine funktionierende Alternative zu dem existierenden System nicht finden und macht dann einfach mit, oder steigt aus. Man ist ohnmächtig und verliert den Glauben an die Wahrheit. Man wendet sich von allem Geistigen, von allen Idealen ab, weil man ganz berechtigt den Eindruck haben muß: Das eigene Denken ergibt nichts Sinnvolles, man kann das Leben nicht verstehen. Statt dessen sucht man sein Heil in der Befriedigung der Triebe und Begierden. Jeder sagt sich: Man muß halt sehen, daß man möglichst viel Genuß im Leben hat. Und so wird der Genuß zum Wertmaß des Lebens. Man arbeitet - oft ohne von dem Sinn und dem Wert der eigenen Arbeit überzeugt zu sein - nur um Geld zu verdienen. Denn mit dem Geld läßt sich der Genuß kaufen, denn die Menge des Genusses bemißt den Wert des Daseins. Auf diese Weise degradiert der Mensch sich zum höheren Tier. Die bürgerliche Kultur - oder soll ich sagen „Unkultur" - dient heute vorwiegend der Herstellung und Sicherung des Genußlebens. Deshalb leben wir heute im Gegenteil dessen, was die soziale Frage lösen könnte. Wir leben in Konkurrenz und Abhängigkeit anstelle von Liebe und Freiheit. Gegenwärtig kann ja immer besser beobachtet werden, wie nun die Wirtschaft die Menschen in ihrer Indifferenz immer stärker nach ihren Vorstellungen zu formen beginnt. Der wirtschaftliche Zwang hat längst diktatorische Züge angenommen. Die alte Sklaverei im zeitgemäßen Gewand strebt einem neuen Höhepunkt entgegen. Aber das war es ja, wovor Rudolf Steiner stets gewarnt hatte. Das war es, warum die Anthroposophie als eine Welterklärung unbedingt Verbreitung finden mußte. Nur durch ein Begreifen der wahren Weltzusammenhänge kann ein Weg zu einer menschen- gemäßen Lebensform gefunden werden, und das soll auch hier durch unser Kommunikationsmedium versucht werden.
Also, liebe Freunde, wenn Ihr diesen Dingen eine innere Zustimmung geben könnt, dann ergreifet doch die Gelegenheit und werdet tätig, werdet sozial, indem Ihr einfach schaut auf das, was Euch anspricht, wo Ihr anstoßt, was eben Eure Seele bewegt. Fast jedes Thema ist geeignet, geisteswissenschaftlich beleuchtet und mit etwas Glück auch verstanden zu werden. Ob dies gelingt, wird sich aber erst zeigen, wenn man es versucht.
Man sollte sich daher angewöhnen, das, was bewegt, zu notieren. Von Zeit zu Zeit schaue man die Notizen an und bearbeite sie. Man formuliere Fragen und Erkenntnisse immer wieder neu, man kultiviere so seine Seelenimpulse, daß man sie schließlich sogar in ästhetische Form zu bringen versucht. Und auf irgendeinem Stand dieser Arbeit teile man diese niedergeschriebenen Seelenimpulse der ProSophia zur Veröffentlichung mit - nicht erst dann, wenn man als Erkenntnis-Sieger dastehen und endgültiges Wissen mitteilen kann, sondern dann, wenn man meint, das was die Seele bewegt zutreffend dargestellt zu haben.
Dadurch geschieht, was eingangs geschildert wurde. Man lernt sich selbst besser kennen und stellt sich in seiner Eigenart offen zwischen die anderen Menschen, so daß diese sich ein Bild von dieser Eigenart machen können. Sie lernen ausschnittweise kennen, was ich geben kann und zu nehmen wünsche. Indem sie dann aber auf meinen Beitrag antworten, lerne ich wiederum ausschnittweise kennen, wie die anderen sind, was sie geben können und nehmen wollen.
Das Geben und Nehmen kann nur funktionieren, wenn ein soziales Interesse entsteht, wenn man weiß, wie man selber und wie die anderen sind. Denn folgen wir Rudolf Steiner, so ist ein sozialer Organismus nur dann gesund, wenn seine Mitglieder ihre eigenen Talente möglichst weitgehend nur zur Befriedigung der Bedürfnisse der anderen Teilnehmer einsetzen - und wenn sie gleichzeitig die eigenen Bedürfnisse weitestgehend durch die Talente der anderen befriedigen lassen.
Selbstversorger sind also im Grunde unsozial, sie befriedigen ihre Bedürfnisse durch ihre eigenen Talente. Sie brauchen die anderen nicht. Bedenken wir außerdem, daß nach Rudolf Steiner der Christus nur dort wirken wird, „wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen", dann haben wir in diesem Beitrag eine ganze Fülle ernstzunehmender Gründe aufgezählt, die es nahelegen, den vorgeschlagenen Weg der Kultivierung der Seelenimpulse zu gehen.
Daher, liebe Freunde, lasset das Papier nicht zu lange schmachten, es dürstet nach Tinte.
Traut Euch! Schreibt!


 
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