Der Tod als kosmische Geburt
Angst vor dem Tod
Der heute verbreitete Materialismus hat es mit sich gebracht, daß eines der interessantesten und wichtigsten Themen mehr oder weniger ignoriert wird. Viele Menschen haben Angst vor dem Tod, weil sie das Leben noch in ausreichendem Maße genießen können, so daß sie natürlich lieber am Leben bleiben wollen als zu sterben. Der Tod erscheint ihnen als der totale Verlust dessen, was sie lieben oder zumindest als ein großes Ungewisses. Das ist verständlich. Andere haben nicht direkt Angst aber die ganze Angelegenheit ist ihnen einfach unangenehm. Aus dem heutigen Weltbild heraus, ist es einfach nicht zu begreifen, warum das Leben vergehen und enden soll.
Man kann durchaus einsehen, daß ohne einen Tod, die Erde hoffnungslos überfüllt wäre so daß der Tod erforderlich ist, um ein begrenztes Leben zu ermöglichen. Auch sieht man, daß die Menschheit sich weiterentwickelt dadurch, daß immer neue Menschen geboren werden. Dennoch wird kaum jemand sagen: „Nun habe ich genug von allem gehabt und werde Platz machen für die, die noch geboren werden und sich entwickeln wollen.“ Man hängt in der Regel an seinem Leben – ganz selbstverständlich. Erst wenn Krankheit, Leiden und Gebrechlichkeit die Betroffenen unselbständig und unmündig machen, wüschen sich einige den Tod. Auch Menschen, deren Lebensumstände anderweitig problematisch sind, oder deren Seelenkonfiguration ungesund ist, neigen dazu, zumindest in Gedanken ihr Leben selbst vorzeitig beenden zu wollen. Und aus dem heute verbreiteten materialistischen Weltbild heraus ist auch das verständlich. Denn diese Menschen hoffen, den problematischen äußeren oder inneren Zuständen durch den Freitod entkommen zu können. Was den letztgenannten Menschen als ein Ausweg erscheinen muß, ist für die zuerst erwähnten der Anlaß zu Angst oder Verdrängung.
Eine weitere Gruppe bilden jene, die durch ihren religiösen Glauben vom Weiterexistieren nach dem Tode ausgehen, ohne jedoch eine genauere Vorstellung davon zu haben. Nach dem kirchlichen Christentum glaubt man, daß die Seelen nach dem Tode bis zum jüngsten Gericht aufbewahrt werden, um dann nach ihren Taten während des Lebens gerichtet zu werden. Und auf diese Ereignis hinblickend hoffen sie auf die Vergebung ihrer Sünden etc. Diese vage Aussicht kann die Furcht vor dem Tode kaum verhindern.
Einige Religionen kennen genauere Zusammenhänge, wie etwa der tibetische Buddhismus, der allerlei Phasen im Dasein der Toten zu beschreiben weiß. Allgemein kann aber wohl gesagt werden, daß die wenigsten Menschen ein natürliches Verhältnis zum Tod haben – sehr zu ihrem Schaden. Und es ist eine Tatsache, daß die materialistische Weltanschauung die gesunde Entwicklung der Menschen verhindert.
Wir sterben, um wieder geboren zu werden
Der Grund, weshalb wir sterben müssen, ist ähnlich dem Anlaß zum Schlaf. Dieser dient der Regeneration und der Verarbeitung des vergangenen Tages, damit wir wieder frisch gestärkt das Leben erneut ergreifen können. Ein jeder Tag ist so ein weiterer Versuch, das Leben und die sich stellenden Aufgaben zu meistern. Ähnlich ist es bezüglich des Todes.
Was dem heutigen Menschen vor allem fehlt, ist die Kenntnis und die Gewißheit der Reinkarnation. Denn nur wenn ich weiß, daß ich derjenige bin, der in jeder Epoche der Erdenentwicklung mehrfach gelebt hat und somit die gesamte Menschheitsentwicklung mitgestaltet hat und auch in Zukunft mitgestalten wird, bekommt mein Dasein Sinn. Ich bin es, jeder ist es, der sich beständig weiterentwickelt. Und nimmt man den Karma-Gedanken hinzu, so wird die eigene Existenz er richtig plausibel. Das Karma besteht in den Schicksalskräften, die gewissermaßen offene Rechnungen aus vorherigen Leben darstellen. Was mir ohne mein Zutun zustößt an schwierigen, schrecklichen, problematischen, kniffligen Ereignissen, stammt vielfach aus vorangegangenen Leben. Viele meiner Mitmenschen, die Eltern, Geschwister, Lehrer, Kollegen, Freunde und Feinde sind mir nicht unbekannt. Nicht selten habe ich gewisse Reste, gewissen Schulden aus den Vorleben auszugleichen. Das ist die Grundlage unseres Zusammentreffens. Dabei bleiben oftmals neue Reste nach, die wiederum als Karma in nächsten Leben auftreten werden. Durch solcherlei Einsichten findet man, was der Materialismus nicht bieten kann: den Sinn des Daseins.
Der Tod ist daher ebensowenig das Ende der menschlichen Existenz, wie die Zeugung deren Beginn ist. Die Wissenschaft des Geistes macht sehr eindrücklich klar, daß die aus der Naturwissenschaft hervorgehende materialistische Sichtweise ein Irrtum ist. Das läßt sich allerdings erst begreifen, wenn das Dogma von der Allein-Existenz der Materie, wonach allein das Zählbare, Wägbare, Meßbare als existent bezeichnet werden darf, aufgegeben wird. Zur Anerkennung des Geistes fordert der Materialist einen Beweis. Doch Beweise sind immer materieller Art – außer in der Mathematik. Die materialistische Auffassung widerlegt sich schon dadurch, daß Zählen, Wägen und Messen Vorgänge sind, die sich allein im Materiellen durchführen lassen und zwar mittels materieller Geräte und Methoden. Geist läßt sich nicht materiell beweisen, ebensowenig, wie sich Materie rein geistig beweisen ließe. Es ist ein schlichter Unsinn, dem Geist die Existenz abzusprechen, weil kein materieller Beweis für ein Immaterielles erbracht wird. Für Geist muß eben ein geistiger Nachweis erbracht werden und das wurde ja ständig getan von allen, die aus dem Geist zu schöpfen verstanden.
Gesteht man also einem immateriellen Geistigen die Existenz zu, so läßt sich auch das Leben nach dem Tod bzw. vor der Geburt erklären.
Der Mensch ist mehr als nur ein Körper
Schaut man den Menschen mit dem geistigen Blick übersinnlich an, so zeigt sich, daß er keineswegs nur aus einem physischen Leib besteht, wie dies die materialistische Naturwissenschaft annimmt. Das Materielle des menschlichen Leibes ist heute ja sehr weitgehend erforscht. Rätselhaft bleibt dabei aber z. B. das Leben. Man geht davon aus, daß die Zellen sich aus eigener Kraft teilen und das die Stoffe der Ernährung und Atmung ihren Weg in den Leib finden, so daß sich der materielle Leib selbst organisiert. Und doch ist ein großer Unterschied vorhanden zwischen einem lebendigen und einem toten Leib. Sobald der Tod eintritt, zerfällt der Leib. Das heißt aber ohne Leben organisiert sich der Lieb nicht. Rein materiell kann kein Leib erhalten bleiben. Aber was ist dann das Leben? Was ist diese das Materielle organisierende Kraft? Wäre es eine physische Energie, dann müßte sie meßbar sein – doch eine meßbare Lebens-Kraft findet sich nicht im Leib des Menschen.
Auf der Suche nach dem Leben entdeckt die geistige Wissenschaft einen immateriellen zweiten Organismus des Menschen, der den stofflichen Leib ganz und gar durchdringt und die Leibesmaterie erzeugt, das heißt, er erzeugt und wechselt den Stoff. Dieser Lebensleib ist in ständiger Tätigkeit, da wir unseren physischen Leib bei jeder Bewegung und jeder Wahrnehmung abnutzen, partiell zerstören. Die Form des Lebensleibes ist daher der des physischen Leibes sehr ähnlich, denn Stoffwechsel findet im gesamten Lieb des Menschen statt. Es steht gewissermaßen steht hinter jeder Zelle des physischen Leibes der Teil des Lebensleibes, der die Zelle erzeugt und erneuert. Sobald jedoch der Mensch stirbt, löst sich der Lebensleib aus dem physischen Leib heraus und das ist der Grund, weshalb der Körper zerfällt.
In diesem Lebensleib, dessen Substantialität aus Bildekräften für organische Materie besteht, findet sich noch ein weiterer Organismus aus einer ganz anderen Substantialität. Es handelt sich um das, was mit Recht „die Seele“ genannt wird und esoterisch auch als „Astralleib“ bezeichnet wird. Die Seele ist das Bewußtsein des Menschen, das, wo die Gedanken, Gefühle und Willensimpulse bemerkt werden können. Die Seele hat nicht genau die Form des physischen Körpers. Sie lebt im Bildekräfteleib, aber sie füllt ihn nicht aus. Sie ist in jenen Partien nicht anwesend, wo der Mensch kein inneres Gespür hat, wie z. B. in der Leber. Dafür aber umgibt sie den physischen Menschen wie eine Aura, so daß wir auch außerhalb unseres Leibes Seelisches auffangen.
In dieser Seele lebend findet sich dann erst der eigentliche Mensch, der Geist oder das Ich des Menschen. Dieses durchdringt die Seele mit Selbstbewußtsein und lebt im Denken. Zwar erscheint das Ich nicht selbst in unserem Denken aber die Gedanken sind vom Ich erlebt, in der Seele gespiegelt und werden durch die Seele in den physischen Leib, ins Gehirn eingeprägt. Das Ich, der eigentliche Mensch, ist also ganz geistig bzw. indem es die Seele durchdringt ist es seelisch-geistig. Und dieser Geist des Menschen, der eigentliche Mensch, die Idee und Ursache des individuellen Menschen hat seine Heimat im Kosmos und lebt als Geist unter Geistern in der sogenannten geistigen Welt. Doch in regelmäßigen Abständen (gewöhnlich etwa alle tausend Jahre – starke Abweichungen sind möglich) umgibt er sich mit einer Seele, einem Astralleib, den er über viele Jahre aufbaut. Nach diesem Aufbau arbeiten Geist und Seele an dem dritten Leib, dem Lebens- oder Ätherleib mit welchem sie sich umgeben. Der Ätherleib wiederum arbeitet zusammen mit den Eltern, so daß der physischer Leib als Hülle und Werkzeug für die physische Welt gezeugt und ausgetragen werden kann.
Es besteht also der Mensch hier auf der Erde aus vier Organismen, von denen jeder in einer anderen Substantialität lebt. Diese vier sind für die Dauer des Erdenlebens ineinander geschachtelt und arbeiten zusammen, um dem Menschen das Leben auf der Erde zu ermöglichen. Die vier Glieder sind:
1. physischer Leib
2. Lebens- oder Ätherleib
3. Seele bzw. Astralleib
4. Geist, Selbst oder Ich
Im Schlaf ist es so, daß das Ich und die Seele sich aus dem Lebensleib und dem physischen Leib herausheben. Sie verlassen die Leiber um vorübergehend in ihre angestammten Welten zurückzukehren um sich zu regenerieren. Im Bett bleiben liegen der physische Leib und der Lebensleib. Das Bewußtsein, die Seele, ist nicht vorhanden und auch das denkende und führende Ich fehlt, wenn der Mensch schläft.
Stirbt nun der Mensch, so löst sich – anders als beim Schlaf – nun auch der Lebensleib aus dem physischen Leib, welcher in Verwesung übergeht. Der Lebens- oder Bildekräfte-Leib beginnt ca. drei Tage nach dem Tode mit der Auflösung in seine Bestandteile.
Das Leben nach dem Tode
Nachdem Seele und Geist die beiden Leiber zurückgelassen haben, beginnt für sie ein neues Leben in der sogenannten seelischen Welt. Zwar sind sie für die Hinterbliebenen nicht sinnlich wahrzunehmen, denn sie bestehen nicht aus physischer Substantialität, doch dessen ungeachtet beginnen sie mit einer wesentlichen Arbeit, die gewisser-maßen die Nachbereitung des vergangenen Lebens darstellt.
Über den Tod selbst kann gesagt werden, daß der Weg zum Tod für den Sterbenden in vielen Fällen ein qualvoller, angstvoller sein kann, daß aber der Moment des Todes in keiner Weise negativ erlebt wird. Sobald der Tod eingetreten ist, wird er vom nun Verstorbenen wie ein großer Sieg erlebt, ein Triumph, ein Sieg über die Materie, über die materielle Welt. Der Tote erlebt eine neue Geburt. Er starb aus der physischen Welt heraus aber wurde gleichzeitig in die seelisch-geistige Welt hinein geboren. Das ist zunächst das wichtigste und erhabenste Erlebnis des Toten. Er schaut auch später immer wieder auf diesen Moment zurück und erhält dadurch sein Selbstbewußtsein. Er erkennt sich selbst, indem er den Moment seines Todes aus der geistigen Perspektive anschaut.
Der Übergang in die Welt der Toten ist begleitet von höheren Wesen und bereits vorher verstorbenen Angehörigen und Freunden, die den Toten ggf. empfangen und geleiten, wobei es ganz von der geistigen Verfassung des Toten abhängt, ob er diese Wesen stärker oder schwächer bemerkt, im allerschlimmsten Falle geht er unbewußt an ihnen vorbei.
Die Auswertung des Lebens nach dem Tode
Das neue Leben des Verstorbenen besteht nun für eine gewisse Zeit darin, das vergangene Erdendasein rückwärts erneut zu durchleben. Beginnend mit dem Tag des Todes wird alles in rückwärtiger Form noch einmal angeschaut, allerdings aus einer Perspektive, die der des vergangenen Lebens entgegengesetzt ist. War man im Erdenleben gewissermaßen das Zentrum, das von der Welt umgeben war, in welchem die Erkenntnisse zusammenliefen und von dem dann das Verhalten wiederum ausging, so ist der Tote jetzt in der Position seiner damaligen Umgebung. Er erlebt seinen letzten Lebenstag nicht auf dem Krankenbett liegend sondern aus der Perspektive der Menschen, die um ihn waren. Er erlebt, was er in seiner Umgebung als Lebender verursacht hat und auch das, was seine Umgebung bewogen hat in bestimmter Weise auf ihn zu wirken. Alles, was er im Leben nicht direkt erlebt hat, gewissermaßen die andere Seite des Lebens wird jetzt vom Verstorbenen erlebt und mit dem Gedächtnis zusammengeführt. Jetzt erst werden die Gesamtereignisse verstanden. Im Leben wußte man vielleicht weshalb man etwas tat, was aber die Pläne eines anderen Menschen durchkreuzt hat. Vielleicht hatte man auch erfahren, daß man seine Pläne durchkreuzte. Was man aber vielleicht nicht erfuhr war, was für den anderen an der Verwirklichung hing und wie es ihm mit der Durchkreuzung ergangen ist. All das geht dem Toten nun auf. Jetzt überschaut er die gesamte Angelegenheit und kann sich ein wirklichkeitsgetreues Urteil bilden. Diese Urteile sind aber bereits Bausteine für ein späteres Erdenleben. Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg.
Bei dieser Wiederholungs-Arbeit ist nun der Tote immer wieder nicht nur mit auf der Erde lebenden Menschen verbunden, sondern auch mit anderen Toten. Diese Zusammenleben mit anderen Toten und anderen Wesen tritt phasenweise und hängt in Dauer und Intensität sehr stark von der vergangenen Lebensweise des Toten auf der Erde ab. Im Reich der toten ergeben sich nur schwer neue Verbindungen. Es ist daher entscheidend, hier im Erdenleben Verbindungen anzuknüpfen, die dann nach dem Tode ihre Fortsetzung finden können. Besonders hinderlich in dieser Beziehung wirken sich unmoralische und unsoziales Verhalten während des Erdenlebens aus, die unweigerlich lange Phasen tiefster Einsamkeit im Reich der Toten zur Folge haben. Nur die starke Sehnsucht nach Gemeinschaft kann das Unmoralische und Unsoziale zur Heilung im nächsten Leben veranlagen. Es ist nur eine unverstandene naive Anschauung, die den Menschen diese Einsamkeit und andere Entbehrungen, welche die Toten zu erleiden haben, als eine Strafe Gottes verstehen läßt. In Wirklichkeit sind solche Erlebnisse Maßnahmen zur Befreiung der Toten, von ihrem Fehlverhalten während des Erdenlebens. Selbstverständlich kann der Tote dabei allergrößtes Leid durchzumachen haben, aber dennoch wird er selbst es so wollen, weil er als Toter seine Verfehlungen erkennt und einsieht, daß diese aus seinem Wesen ausgetrieben werden müssen, wenn er nicht ihretwegen auf einer niedrigen Entwicklungs-Stufe stehenbleiben will.
Die Aufarbeitung seines vergangenen Lebens wird daher vom Toten ähnlich wie eine Berufsarbeit in der Welt der Lebenden durchgeführt. Man ist gezwungen, sie durchzuführen, doch man ist selbst interessiert, diese Reinigung hinter sich zu bringen. Dabei legt man – ganz anders als im Erdenleben – die höchsten moralischen Maßstäbe an. Denn so wie die physische Welt nach Naturgesetzen geordnet ist und der Mensch sich im Erdenleben ganz selbstverständlich an diese Naturgesetze hält, so ist die geistige Welt nach moralischen Gesetzen geordnet, an welche sich der Tote aus eigenem Interesse ganz selbstverständlich hält.
Diese umgestülpte Wiederholung des Erdenlebens dauert etwa ein Drittel der vergangenen Lebenszeit und beinhaltet auch eine Entwöhnung vom Erdendasein mit seinen Trieben, Begierden und Leidenschaften. Was die Esoterik Kamaloka nennt ist hier anzusiedeln. Der Tote befindet sich in der Seelenwelt, dem Astralplan. Er trägt noch immer in der Seele die Wünsche und Begierden, die er im Erdenleben entwickelt hatte und vermittels seines Leibes zu befriedigen vermochte. Doch jetzt nach dem Tode steht der Seele das Instrument zur Befriedigung der Leidenschaften nicht mehr zur Verfügung. Die Begierden bleiben unbefriedigt und steigern sich so lange weiter, bis sie erlöschen. Auch dies kann sehr leidvoll sein. Die Intensität dieses Leidens hängt unmittelbar von der Intensität des Genußlebens während des Erdenlebens ab. Wer ein starker Genießer war, hat mehr zu leiden unter der Entwöhnung der Seele. Doch auch dies ist etwas, woran der Tote interessiert ist, er will sein Schwächen ausmerzen, so wie man als Mensch auf der Erde seine Arbeit erledigen möchte. Die Genußsucht ist deshalb eine Schwäche, weil sie die natürlichen Antriebe zum Selbstzweck macht. Wer nur ißt, weil er den Geschmack erleben will, der mißbraucht seine Natur, die doch nur dazu dienen soll, ihn zu gesunder und mengenmäßig ausreichender Ernährung zu bewegen. Solche Fehlentwicklungen darf der Mensch nicht als Bestandteil seines Lebens behalten, wenn er den Anschluß an die Höherentwicklung nicht verlieren will. Deshalb müssen sie beseitigt werden bevor es zu einem neuen Erdenleben kommt.
Die Vorbereitung des nächsten Erdenlebens
Ist dann der Tote im Wiedererleben seines vergangenen Erdenlebens am Tag der Geburt angelangt, so beginnt sich auch seine Seele aufzulösen und der Geist ist nun frei von den unteren Wesensgliedern und lebt als Geist unter Geistern. Er erlebt aber nicht nur andere Tote, sondern vor allem auch andere Wesen, die nicht Menschen sind. Denn sobald man die physische Welt verläßt, beginnt man das nicht-physische Geistige wahrzunehmen. Es ist allerdings im Geistigen völlig anders als im Physischen, denn im Geist sieht man nicht alles, was dort existiert, sondern man erlebt nur das, mit dem man unmittelbar befaßt ist. Man sieht oder erlebt, woran man denkt als geistige Wesen.
Der Verstorbene lebt also als Geist und arbeitet an der Gestaltung seines nächsten physischen Leibes und der Vorbereitung seines künftigen Lebens. Dabei ist er nicht allein. Höhere Wesen stehen ihm zur Seite je nachdem, wie weit er sich auf der Erde schon mit Geistigem befaßte, wird er hier mehr oder weniger selbständig an dieser Vorbereitung arbeiten oder von höheren Wesen gelenkt werden.
In dieser Zeit wächst dann die Sehnsucht, zur Erde zurückzugehen und wird nach einer Weile so stark, daß der Geist die Geisterwelt verläßt und sich nach und nach wieder mit einer Seele umgibt, einen Lebensleib schafft und dann zusammen mit den verabredeten Eltern die Zeugung vornimmt. Tatsächlich sind wir bei unserer Zeugung anwesend – wenn auch nicht unbedingt bewußt. Aber durch die Zeugung wird die Eizelle besitzerlos. Das Mütterlich Ei gehört zur Mutter, ist ihre Substanz und kann nicht von einem anderen Wesen bzw. Geist übernommen werden (s. Organtransplantation), das väterliche Spermium gehört zum Leib des Vaters. Vereinigt aber hebt sich die Zugehörigkeit auf. Eine Zelle ohne Ich-Prägung ist entstanden und wird von uns, von dem zukünftigen Kind, ergriffen und nach und nach zu einem Menschenleib im Mutterleib gestaltet.
Diese Darstellung muß tausend Fragen aufwerfen, die an anderer Stelle beantwortet werden sollen. Hier kommt nur darauf an, die Grundzüge des menschlichen Daseins, wie sie die Wissenschaft des Geistes erforscht hat, darzustellen, damit der Leser versuchen kann, diese Vorstellungen an die Stelle des ratlos bis ängstlich machenden Todesgedankens unserer materialistischen Weltanschauung zu setzen.
Man braucht den Tod also nicht zu fürchten auch wenn der Weg dahin selbstverständlich leidvoll, ja, grauenvoll sein kann. Doch selbst in diesem Falle hat alles seinen guten Sinn. Die menschliche Existenz endet weder mit dem Tod noch beginnt sie mit der Zeugung, denn wir Menschen sind – wie die vielen anderen Wesen auch – Sich-Entwickelnde. Und der physische Zustand, in welchem wir derzeit leben, ist ein vorübergehender. Er markiert die Phase unserer Entwicklung, in welcher wir uns die Freiheit zu erringen haben. Ist dies geschehen, so endet das materielle Dasein für immer. Andere Zustände, andere Welten, andere Substantialitäten werden dann folgen und andere Fähigkeiten und Aufgaben mit sich bringen. Derzeit sind wird auf dem Wege vom unselbständigen Geschöpf zum schöpferischen Mitgestalter des Kosmos zu werden. Daran kann man natürlich seine Zweifel haben angesichts des so katastrophal stark gewordenen Egoismus, der nun immer krasser zutage tritt. Die Schäden dieser Entwicklung an Umwelt und Menschen sind nicht mehr zu übersehen. Und dennoch sind wir bereits Mitgestalter des Kosmos und werden zukünftig schwer zu tragen haben an diesen Schäden. Aber das muß auch gesagt werden: Da wir uns in einer Entwicklung zur Freiheit befinden, ist immer auch die Möglichkeit gegeben, daß das Experiment „Mensch“ scheitert. Eine jede Entwicklung kann von ihrem guten Wege abkommen – so auch die unsrige. Doch das ist hier nicht das Thema.
Irregeleitete Tote „spuken“ in den Seelen der Lebenden
Gehen wir noch einmal zurück zur Betrachtung des unmittelbar verstorbenen Menschen. Bereits kurz nach seinem Tode ist es ihm möglich mit seinen Hinterbliebenen in eine seelische Beziehung zu treten, indem der Tote in den Seelen der Hinterbliebenen anwesend ist, sich aufhält und miterlebt, was seine Menschen seelisch bewegen. Doch wenn die Hinterbliebenen Materialisten sind, dann werden sie nicht glauben, daß der Tote noch existiert. In diesem Falle beginnen die Verstorbenen sich in ungesunder Weise in den Seelen der Hinterbliebenen zu verhalten. Nicht selten kommt es dann zu einer psychischen Erkrankung der Hinterbliebenen. Der Tote spukt in der Seele seiner Verwandten und Freunde, weil diese ihn als nicht mehr existent vorstellen. Tatsächlich geschieht es außerordentlich oft, daß Menschen nach dem Tode eines Nahestehenden von psychischen Problemen heimgesucht werden. In einem solchen Falle würde es genügen, den erkrankten Hinterbliebenen von der Weiterexistenz des Verstorbenen zu überzeugen und ihm ein regelmäßiges Angedenken nahezulegen, um das Leiden zu beseitigen. Außerdem sollte man seinen eigenen Verstorbenen sogleich nach dem Tode erst einmal zu sagen versuchen, daß sie jetzt gestorben sind, daß sie aber trotzdem noch existieren, geistig existieren, weil der Tod nicht das Ende ist. Damit hilft man vielen verstorbenen Materialisten außerordentlich. Denn sehr oft begreifen diese nicht, was mit ihnen ist.
Zusammenarbeit zwischen Toten und Lebenden
Je länger der Tod eines Verstorbenen zurückliegt, desto schwieriger wird es ihm, seine Hinterbliebenen zu verstehen, denn die „Sprache“ der Toten ist ganz anders als die der Lebenden. Mehr und mehr können die Toten nur noch die Gedanken ihrer Hinterbliebenen verfolgen. Doch auch dabei gibt es Schwierigkeiten. Alles bloß Materielle, Pragmatische oder auch das Technische, Wissenschaftliche, was der Lebende denkt, kann der Tote nicht wahrnehmen. Was er wahrnimmt sind allein spirituelle Gedanken. Alles, was gedacht wird aus der Anerkennung des Geistes heraus, alles wahrhaft Religiöse und vor allem die Inhalte der Wissenschaft des Geistes werden vom Toten gefunden. Solche Gedanken seiner Hinterbliebenen sind ihm wie eine Nahrung, die er dringend braucht. Das Wissen von Geistigen beinhaltet ja auch das Wissen vom Leben nach dem Tode. Wenn die Toten im Leben Materialisten waren, dann brauchen sie sehr, sehr dringend solche Gedanken. Ein liebevolles Andenken an den Verstorbenen durch seine Hinterbliebenen ist ein regelrechter Segen für den Toten. Es wäre daher eine große Erleichterung für die Welt der Toten, wenn mehr Menschen sich mit diesen Dingen auseinander setzen würden und zu einer solchen Praxis übergehen würden.
Aber auch die Lebenden bedürfen der Hilfe durch die Verstorbenen. In alten Kulturen hat man stets auch den Rat der Ahnen in alle Entscheidungen mit einbezogen. Das hatte seinen tiefen Sinn. Denn gerade in sozialer Beziehung sind die Toten zu weit höheren Einsichten fähig als die Lebenden. Weisheitsvolle soziale Einrichtungen können eigentlich nur Menschen schaffen, die mehr als dreißig Jahre tot sind. Erst dann haben sie ihre Erdenerlebnisse so weit verarbeitet, daß sie zu höheren Einsichten aufsteigen. Diese könnten sie dann wiederum ihren Hinterbliebenen oder solchen Personen eininspirieren, die sich mit dem Werk des Toten – sofern vorhanden – intensiv beschäftigen. Würden sich politische Parteien mit ihren verstorbenen Größen intensiv befassen, so könnte es sein, daß die Toten ihnen sehr weisheitsvolle Ideen eingeben würden. Insofern ist es von großer Tragik, daß die heutigen Menschen so wenig Neigung zeigen, sich mit der Wissenschaft des Geistes vertraut zu machen.
Der Tote wird Kosmos
Aber schauen wir zum Abschluß noch kurz auf einen weiteren wichtigen Aspekt des Weges, den der Tote zu gehen hat. Auf den Moment des Todes folgen drei Tage und Nächte (nach altem Brauch die Zeit der Aufbahrung) in denen der Tote den Inhalt seines Gedächtnisses wie auf einer Bühne aufgebaut erlebt. Alle, aber auch alle Erlebnisse sind genauestens aufbewahrt. Nichts fehlt. Der Tote studiert all dies und nimmt es in geistiger Form in seine Seele auf. Er besteht – wie erwähnt – aus Seele und Geist bzw. aus Astralleib und Ich. Diese befinden sich nun nicht mehr auf dem Erdboden stehend, sondern über den Erdboden erhoben. Dabei tritt eine schwer vorstellbar Umstülpung seines Wesens statt. Als Erdenmenschen erleben wir uns als ein Zentrum, welches von der Welt, also von den Objekten umgeben ist. Im Zentrum sind wir, ist unser Ich. Der Tote dagegen wird jetzt zu einem Umkreis. Er ist nicht mehr Zentrum sondern ein Umkreis, der die Welt, das Nicht-Ich in seinem Zentrum erlebt. Dabei beginnen sich Seele und Geist räumlich auszudehnen und sich vom Erdboden zu entfernen. In rasantem Tempo „verdünnen“ sich Seele und Geist und nehmen als Umkreis-Wesen nach einigen Jahren bereits eine solche enorme Größe ein, daß sie bis an die Mondbahn heranreichen. Sie umschließen jetzt als Umkreiswesen den Mond und die Erde und erweitern sich als Umkreis weiter und weiter. Nach und nach wird Mensch so groß wie das Sonnensystem und nach einer gewissen Zahl von Jahren geht er in seiner Ausdehnung über das Sonnensystem hinaus. Er wird Kosmos, wird Universum. Ein jeder Toter dehnt sich aus, bis er die Grenze des Raumes erreicht und verläßt dann das Räumliche. Er geht in das rein Geistige über, das weder Raum noch Zeit beinhaltet. Nur die Materielle Welt bedarf des Raumes und der Zeit. Das ist der Moment, wo der Tote als Geist unter Geistern lebt.
Nach einer recht ausgedehnten Weile in der geistigen Welt hinter den Fixsternen tritt der Menschen-Geist wieder in den Raum. Er sammelt in den Fixsternregionen Kräfte, die er zur Gestaltung seines nächsten Erden-Körpers braucht und zieht sich allmählich zusammen bis er die Fixstern-Welten verläßt und in unsere Sonnensystem eindringt. Dort versorgt er sich mit diversen anderen Kräften, welche er für das kommende Erdenleben benötigt und zieht sich weiter und weiter zusammen, bis er dann aus der allerkleinsten befruchteten Eizelle wiederum einen irdischen Leib erzeugt und geboren wird.
Da sieht man: Der Mensch kennt den Kosmos. Und schauen wir an den Sternenhimmel bei Nacht, so können wir uns sagen: Dort kommen wir her. Das ist unsere Heimat, Wir kennen das Universum, wir waren über all das ausgedehnt lange vor unserer Geburt. Aber ebenso können wir sagen: Dort oben sind unsere Toten und unsere zukünftigen Kinder. Und auch wir werden irgendwann wieder dort sein.
Ein wunderbarer Gedanke, der die Angst vor und die Ratlosigkeit gegenüber dem Tode beschwichtigen und sogar auflösen kann. Das Frappierende aber ist, daß solches Wissen eigentlich jeder haben sollte, weil es den Weg des Verstorbenen enorm vereinfacht, während das materialistische Weltbild allen Toten große Schwierigkeiten bereitet.
Was hier mit wenigen Worten angedeutet ist, läßt sich durch die Angaben der Wissenschaft des Geistes unendlich vertiefen. Zahllose Mitteilungen Rudolf Steiners beschreiben alle Phasen des jenseitigen Daseins des Menschen. Dabei ist dieses Wissen in der Weise gewonnen worden, daß ein speziell geschulter Mensch als Lebender in die Welt der Toten eindringen konnte. Rudolf Steiner war in der Lage bei lebendigem Leibe zu „sterben“ und nach der Erforschung lebendig in den Leib zurückzukehren.